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BGH GRUR 2024, 1315 "Keine Benennung eingesetzter KI als Miterfinder - DABUS"

1. Erfinder im Sinne von §37 PatG I kann nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt.

2. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder ist auch dann möglich und erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist.

3. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder im dafür vorgesehenen amtlichen Formular genügt nicht den Anforderungen aus §37 PatG I, wenn zugleich beantragt wird, die Beschreibung um den Hinweis zu ergänzen, die Erfindung sei durch eine künstliche Intelligenz generiert oder geschaffen worden.

4. Die Ergänzung einer hinreichend deutlichen Erfinderbenennung um die Angabe, der Erfinder habe eine näher bezeichnete künstliche Intelligenz zur Generierung der Erfindung veranlasst, ist rechtlich unerheblich und rechtfertigt nicht die Zurückweisung der Anmeldung nach §42 PatG III.

Die Stellung als Erfinder ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht nur das Ergebnis eines tatsächlichen Vorgangs, nämlich des Auffindens einer neuen technischen Lehre. Sie umfasst vielmehr auch rechtliche Beziehungen. So begründet die Stellung als Erfinder das Recht auf das Patent. Daneben entsteht das Erfinderpersönlichkeitsrecht.

Mit der Einführung des Erfinderprinzips im Patentgesetz im Jahre 1936 und der damit verbundenen Abkehr von dem zuvor geltenden Anmelderprinzip haben die in der Rechtsprechung des Reichsgerichts entwickelten Grundsätze über sog. Betriebs-, Dienst- und Gesellschaftererfindungen ihre Grundlage verloren.

Als Erfinder im Sinne dieser Regelung wurde schon auf der Grundlage der inhaltsgleichen Regelung in §3 PatG aF diejenige (natürliche) Person verstanden, deren schöpferischer Tätigkeit die Erfindung entspringt.

(Anmerkung von Anette Gärtner)

BGH GRUR 2024, 1033 "Keine Markenrechtsverletzung bei Vertrieb von Spielzeugmodellautos - VW Bulli"

1. Die Klägerin stellt Kraftfahrzeuge her und vertreibt diese weltweit unter den Marken „Volkswagen“, „VW“ und „VW im Kreis“. Sie ist Inhaberin der am 2.5.2006 angemeldeten und am 12.7.2006 unter der Registernummer 30627911 eingetragenen deutschen dreidimensionalen Marke/Formmarke (Klagemarke), die den VW Bus T1, auch genannt „Bulli“, in fünf Ansichten zeigt:

 

Skizzenhafte Abbildung des VW-Bulli in fünf Ansichten

 

2. Die Beklagte produziert und vertreibt hochpreisige Modellautos, darunter bevorzugt sog. Klassiker (Oldtimer) für Sammler und Werbekunden wie die im Unterlassungsantrag wiedergegebenen Modelle des VW Bus T1 („Bulli“). Der VW Bus T1 wurde erstmals 1950 auf den Markt gebracht und findet sich bis heute im Straßenbild.

Die Beklagte war Lizenznehmerin zunächst der Kl. und später einer 100 %igen Konzerntochter der Kl., der V. Z. GmbH. Unter diesem Lizenzverhältnis vertrieb sie unter ihrer Marke „Premium ClassiXXs“ das folgende Modell eines VW Bus T1:

Abbildung des Modells eines VW Bus T1 seitliche Ansicht

Abbildung des Modells eines VW Bus T1, Ansicht Teil der rechten Seite und der Front

3. Bei der Verbindung einer Formmarke mit weiteren wörtlichen oder bildlichen Kennzeichnungen muss für die Beantwortung der Frage, ob der angesprochene Verkehr darin einen Herkunftshinweis versteht, geprüft werden, ob die Formmarke unter dem Gesichtspunkt der Mehrfachkennzeichnung als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufzufassen ist. Eine solche Mehrfachkennzeichnung stellt nicht zwangsläufig die Wahrnehmung der Form als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren durch den angesprochenen Verkehr infrage (vgl. EuGH 23.1.2019 - C-698/17, GRUR-RS 2019, 330 Rn. 47– Klement/EUIPO (Form eines Ofens)).

4. Dem Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke im Sinn von §14 II 3 MarkenG ist die Unlauterkeit außerhalb von „Trittbrettfahrer“-Konstellationen (vgl. dazu EuGH GRUR 2009, 756 – L'Oréal u. a.) nicht bereits immanent. Die Ausnutzung des guten Rufs allein ist auch nach der Rechtsprechung des EuGH noch kein die Unlauterkeit begründender Umstand. Es kommt vielmehr auf den vom nationalen Gericht zu prüfenden konkreten Einzelfall an.

5. Der Vertrieb von Spielzeug- oder Modellautos, bei denen sich jeglicher Zusammenhang mit der (dreidimensionalen) Marke des Herstellers der Kraftfahrzeuge allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals zwangsläufig wie beiläufig ergibt (vgl. BGH GRUR 2010, 776 – Opel-Blitz II; BGH GRUR 2023, 808 Rn. 25 – DACHSER), ist mit den vom EuGH entschiedenen „Trittbrettfahrer“-Konstellationen, die eine Unlauterkeit der Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke begründen, nicht vergleichbar.

BGH GRUR 2023, 39 "Veranlassung zur Heranziehung der Kenntnis eines technischen Sachverhalts - Leuchtdiode"

1. Das Beschreiten eines bestimmten Lösungswegs lag für den Fachmann nahe, wenn er eine Entgegenhaltung zur Lösung eines technischen Problems (Aufwachsen von GaN-Schichten auf einem Saphirsubstrat zur Herstellung einer Leuchtdiode) herangezogen und diese ihm eine Möglichkeit aufgezeigt hätte, wie das Problem mit angemessener Erfolgserwartung gelöst werden kann (Aufwachsen in (0001)-Richtung mittels metallorganisch chemischer Dampfabscheidung (MOCDV)), insbesondere wenn es sich bei dieser Lösung allgemein um die vorherrschende Praxis (bei GaN-Halbleitern) handelte und alternative Ansätze keine signifikant höheren Erfolgsaussichten begründeten.

2. Der Umstand, dass die Kenntnis eines technischen Sachverhalts zum allgemeinen Fachwissen gehört, belegt noch nicht, dass es für den Fachmann nahelag, sich bei der Lösung eines bestimmten Problems dieser Kenntnis zu bedienen (Bestätigung von BGH GRUR 2018, 716 Rn. 28 – Kinderbett; BGH GRUR 2009, 743 Rn. 37 – Airbag-Auslösesteuerung).