Aktuelle Beiträge

BGH GRUR 2017, 681 "Neuheit bei abgrenzbarer zusätzlicher Verwendungsmöglichkeit - Cryptosporidium"

1. Eine Verwendung ist neu, wenn die geschützte Lehre eine zusätzliche Verwendungsmöglichkeit aufzeigt, die durch objektive Merkmale von den im Stand der Technik bekannten Verwendungsmöglichkeiten abgegrenzt werden kann (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 373 – Glasfasern I).

2. Für die Annahme einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme ist dementsprechend nur Raum, wenn der Fachmann den bekannten Gegenstand zweckgerichtet zu dem geschützten Verwendungszweck eingesetzt hat. Die fernliegende Möglichkeit, dass der Fachmann den bekannten Gegenstand patentgemäß verwenden könnte, reicht nicht aus.

BGH GRUR 2017, 604 "Unzulässige beschränkte Verteidigung mit nicht angegriffenem Unteranspruch - Ankopplungssystem"

Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur insoweit beschränkt verteidigt werden, als es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.
 
Denn die beschränkte Verteidigung gegenüber einer Teilnichtigkeitsklage auch im Umfang eines nicht angegriffenen Unteranspruchs hätte im Wesentlichen die Wirkung einer Widerklage des Patentinhabers gegenüber dem Nichtigkeitskläger auf Feststellung der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs. Eine solche Klage ist aber im Gesetz nicht vorgesehen und kann deshalb auch nicht Gegenstand einer beschränkten Verteidigung des Nichtigkeitsbeklagten sein.
 
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass durch Angriff nur einzelner (relevanter) Patentansprüche eines Streitpatents in einer Nichtigkeitsklage eine Beschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Inhabers des Streitpatents erreicht werden kann.

BGH GRUR 2017, 504 "Nachreichen einer formgerechten Erfindungsmeldung nach Patentanmeldung - Lichtschutzfolie"

1. Für Erfindungen, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1.10.2009 gemeldet wurden, ist das Schriftformerfordernis des § 5 ArbnErfG aF weiterhin maßgeblich.

2. Wenn der Arbeitgeber eine nicht in Schriftform gemeldete Diensterfindung mit dem Inhalt der von seinem Arbeitnehmer entwickelten technischen Lehre zum Patent anmeldet und dabei alle an der Entwicklung beteiligten Erfinder benennt, liegt darin in der Regel auch dann eine zuverlässige Grundlage für den Beginn der in § 6 II 2 ArbnErfG aF normierten Frist, wenn der Arbeitnehmer nach der Einreichung der Patentanmeldung eine formgerechte Erfindungsmeldung nachreicht.

3. Meldet ein Arbeitnehmer eine Erfindung, die im Verhältnis zu einer früher gemeldeten, vom Arbeitgeber nicht in Anspruch genommenen Erfindung lediglich eine schöpferische Weiterentwicklung darstellt, die zwar für die wirtschaftliche Verwertung der Erfindung bedeutsam, aber nicht selbstständig schutzfähig ist, erlangt der Arbeitgeber, der den Gegenstand der zweiten Meldung in Anspruch nimmt und zusammen mit dem Gegenstand der ersten Meldung zum Patent anmeldet, am Gegenstand der Anmeldung und der daraus hervorgehenden Schutzrechte eine Mitberechtigung.

4. Eine Benutzungsregelung, die einem der Mitberechtigten die Nutzung der gemeinsamen Erfindung verbietet, kann allenfalls unter besonderen Voraussetzungen einer ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung entsprechen.

Gehen Rechte an einer durch ein technisches Schutzrecht geschützten Diensterfindung, die vor dem 1.10.2009 gemeldet wurde, weder durch ordnungsgemäße Inanspruchnahme noch durch eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmererfinder und dem Arbeitgeber auf diesen über, haftet der die geschützte Erfindung benutzende Arbeitgeber jedenfalls nach Bereicherungsrecht (BGH GRUR 2006, 754 "Haftetikett").

Für ab dem 1.10.2009 gemeldete Erfindungen gilt eine Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber als erfolgt, wenn dieser die gemeldete Erfindung nicht ausdrücklich freigibt ("Inanspruchnahmefiktion" gem. § 6 ArbnErfG nF). Das unfreiwillige "Freiwerden" von Teilen eines Patentportfolios eines Arbeitgebers (i.e. die Wiedererlangung von Verfügungsbefugnissen an Schutzrechten durch den/die Arbeitnehmererfinder) wegen im Nachhinein bekannt gewordener nicht erfolgter Inanspruchnahme kann somit - wie im vorliegenden Fall - nur vor dem 1.10.2009 gemeldete Erfindungen betreffen.