Aktuelle Beiträge

BGH GRUR 2016, 1254 "Äquivalente Patentbenutzung bei konkreter Formulierung eines Merkmals - V-förmige Führungsanordnung"

Die Orientierung der Überlegungen des Fachmanns, mit denen er ein im Sinne des Merkmals der Erfindung gleichwirkendes Austauschmittel als gleichwirkend auffinden kann, am Patentanspruch und damit die Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln kann regelmäßig nicht mit der Begründung verneint werden, der Patentinhaber habe sich mit der konkreten Formulierung des Merkmals auf eine dessen Wortsinn entsprechende Ausgestaltung festgelegt.

Eine Ausführung von Führungsanordnungen einer beanstandeten Ausführungsform "in conic shape" gemäß

wurde als patentverletzend bejaht.

Die im Klagepatent in den Zeichnungsfiguren gemäß

dargestellten Führungsanordnungen (18) in "V-Form" wurden vom Senat (anders als vom LG und OLG Düsseldorf) als einzige in der Patentschrift beschriebene Ausführungsform erkannt. Da keine weitere Ausgestaltung der Führungsanordnungen in der Patentschrift beschrieben war, konnten die beanstandeten Anordnungen in "U-Form" (abgerundete "conic shapes") als äquivalent patentverletzend beurteilt werden.

BPatG Mitt 2016, 503 "Erneute Anhörung im Prüfungsverfahren vor dem DPMA – Strombegrenzungsschaltung"

Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG in seiner durch Art. 1 Nr. 17 des „Gesetzes zur Novellierung patentrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes“ (PatNovG) vom 19.10.2013 geänderten Fassung sind die Prüfungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamtes verpflichtet, in Patentprüfungsverfahren nach einer ersten Anhörung weitere Anhörungen durchzuführen, wenn der Patentanmelder dies beantragt. Im Gegensatz zur bisherigen Gesetzeslage ist hierfür lediglich ein entsprechender Antrag des Anmelders, nicht aber die Frage der Sachdienlichkeit entscheidend.
 
Insbesondere dann, wenn in einer ersten Anhörung keine abschließende Entscheidung (Erteilung/Zurückweisung) getroffen wird und die Prüfungsstelle z.B. eine Nachrecherche ankündigt, muss im nachfolgenden wieder schriftlichen Verfahren somit eine beantragte weitere Anhörung erneut bewilligt werden.

BGH GRUR 2016, 1167 "Nachweis von Verkehrsdurchsetzung durch demoskopische Gutachten - Sparkassen-Rot"

1. Im Rahmen einer Befragung zur Erstellung eines demoskopischen Gutachtens zur Verkehrsdurchsetzung einer Marke (hier: der als betriebliche Kollektivmarke angemeldeten abstrakten Farbmarke Nr. 30211120 „Rot“ (HKS 13)) gemäß

https://beck-online.beck.de/bibdata/zeits/grur/2016/img/grur_2016_11_0003.png

ist mit der Eingangsfrage zu ermitteln, ob der Befragte das in Rede stehende Zeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen schon einmal wahrgenommen hat. Erst im Anschluss daran kann bei dem Personenkreis, der das Zeichen kennt, nachgefragt werden, ob er es als Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen sieht. Dabei darf die Eingangsfrage den herkunftshinweisenden Charakter des Zeichens nicht bereits suggerieren.

2. Steht fest, dass mehrere Dienstleistungen unterschiedlicher Art typischerweise von einem einzigen Unternehmen erbracht werden (hier: Bankdienstleistungen für Privatkunden) und der angesprochene Verkehr erwartet, wenn er die wichtigste dieser Dienstleistungen in Anspruch nimmt (hier: Führung eines Girokontos), dass das Unternehmen auf Anfrage weitere Dienstleistungen (hier: Ausgabe von Debit- und Kreditkarten, Kredite, Geldanlagen usw) anbietet, kann dieses Dienstleistungsbündel Gegenstand einer einzigen Befragung zur Verkehrsdurchsetzung eines Zeichens sein, das hierfür Geltung beansprucht.

3. Ein demoskopisches Gutachten kann den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung erbringen, wenn es keine grundlegenden methodischen Mängel aufweist und nach Abschlägen einen Kennzeichnungsgrad von über 50 % ergibt.

4. Ein demoskopisches Gutachten ist nicht geeignet, die Verkehrsdurchsetzung eines Zeichens zu widerlegen, wenn auf sein Ergebnis wegen methodischer Mängel Aufschläge gemacht werden müssen, die dazu führen, dass für das in Frage stehende Zeichen ein Kennzeichnungsgrad von über 50 % erreicht wird.

5. Ebenso wie größere Zeiträume zwischen Anmeldetag und Zeitpunkt der Erstattung eines demoskopischen Gutachtens regelmäßig die Annahme ausschließen, das Gutachtenergebnis könne auf den Anmeldetag zurückbezogen werden, stehen größere Zeiträume zwischen der Erstattung eines demoskopischen Gutachtens und der Entscheidung über den Löschungsantrag im Regelfall dessen Verwertung im Rahmen der Prüfung einer Verkehrsdurchsetzung im Entscheidungszeitpunkt entgegen.