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BGH GRUR 2018, 1246 "Voraussetzungen für Vorliegen der „Reparaturklausel“ in der GGV - Kraftfahrzeugfelgen II"
1. Die Schutzschranke gemäß Gemeinschaftsgeschmacksmuster-Verordnung (GGV) Art 110 Abs I ist grundsätzlich auf Felgen von Kraftfahrzeugen anwendbar, die farblich und in der Größe den Originalfelgen entsprechen, wenn die Verwendung der Felgen notwendig ist, um ein Kraftfahrzeug zu reparieren, das etwa aufgrund des Abhandenkommens der Originalfelgen oder deren Beschädigung schadhaft geworden ist.
2. Der Anbieter solcher Kraftfahrzeugfelgen kann sich auf die Schutzschranke gemäß GGV Art 110 Abs I nur dann mit Erfolg berufen, wenn er Sorgfaltspflichten erfüllt, die sich auf die Einhaltung der in GGV Art 110 Abs I geregelten Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer beziehen.
3. Danach obliegt es dem Hersteller und dem Anbieter, den nachgelagerten Benutzer mit einem klaren, gut sichtbaren Hinweis auf dem Erzeugnis, auf dessen Verpackung, in den Katalogen oder in den Verkaufsunterlagen darüber zu informieren,
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– dass in die betreffende Felge ein Geschmacksmuster aufgenommen ist, dessen Inhaber er nicht ist, und
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– dass diese Felge ausschließlich dazu bestimmt ist, mit dem Ziel verwendet zu werden, die Reparatur des Kraftfahrzeugs zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.
Der Hinweis muss in den Sprachen gegeben werden, die in den Ländern allgemein verständlich sind, an deren Einwohner sich das Angebot bestimmungsgemäß richtet.
4. Der Hersteller und der Anbieter haben zudem mit geeigneten Mitteln, insbesondere vertraglicher Art, dafür zu sorgen, dass die nachgelagerten Benutzer die Felgen ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwenden.
5. Weiß der Hersteller oder der Anbieter, dass der nachgelagerte Benutzer die Felgen nicht ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwendet, oder müssen Hersteller oder Anbieter dies bei Würdigung aller maßgeblichen Umstände vernünftigerweise annehmen, muss ein Verkauf unterbleiben.
EuGH GRUR 2018, 1146 "Schutzfähigkeit (bejaht) für Schlossname als Fantasiebezeichnung für Sehenswürdigkeiten - NEUSCHWANSTEIN"
1. Das Wortzeichen „NEUSCHWANSTEIN“ bietet keinen Hinweis auf die geografische Herkunft der von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen (Klassen 3, 8, 14–16, 18, 21, 25, 28, 30, 32–36, 38 und 44), da das Schloss Neuschwanstein als solches kein Ort der Herstellung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen ist.
2. Für die Beurteilung der Frage des beschreibenden Charakters des Zeichens ist unerheblich, dass die erfassten Waren als Souvenirartikel an einem bestimmten Ort, auf den sich die Bezeichnung „Neuschwanstein“ bezieht, verkauft werden.
Anmerkung von Peter Ruess (GRUR 2018, 1150) zur Abgrenzung gegenüber BGH GRUR 2012, 1044 "Neuschwanstein", wo der Verwendung dieser Bezeichnung für Geschenk- und Souvenirartikel die Unterscheidungskraft abgesprochen wurde. Es bleibt dabei gemäss Ruess offen, ob ein deutsches Gericht eine markenmäßige Benutzung der Marke "NEUSCHWANSTEIN" für Geschenk- und Souvenirartikel im Falle einer Verletzungsklage bejahen würde.
EuGH GRUR 2016, 80 "Kein Eintragungshindernis für auf Schuhsohle aufgebrachte Farbe als Marke - Christian Louboutin/Van Haren"
Art. Buchst. e iii der RL 2008/95/EG I des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass ein Zeichen wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, gemäß
das aus einer auf der Sohle eines hochhackigen Schuhs aufgebrachten Farbe besteht, nicht ausschließlich aus der „Form“ im Sinne dieser Bestimmung besteht, wenn sein Hauptgegenstand eine Farbe ist, die nach einem international anerkannten Kennzeichnungscode (hier: Farbe Rot - Pantone 18-1663TP) festgelegt worden ist.
Anmerkung zu dieser Entscheidung von Ruess, GRUR 2018, 898.